FLY, der Kapitän

Aus dem Tagebuch, Wunschgeschichte für Jakob, 9 Jahre

Liebes Menschenkind!

Manche lieben es, manche hassen es, alle brauchen es. Ich meine das Wasser. Wasser stillt den Durst, mit Wasser gießt man Pflanzen, mit Wasser kann man Wäsche waschen und die Menschenkinder lieben es, im Wasser zu plantschen. Im Sommer baden sie draußen im Pool und im Winter in der Badewanne. Mein Menschenfreund Tom liebt es auch, im Wasser zu spielen, vor allem in der Badewanne.

Ich war zufällig im Menschenhaus und wärmte mich am Kamin, als Tom mit Papier, Stiften und Schere in die Küche hetzte. Er nahm beim Küchentisch Platz und fing an, Papier zu bemalen und anschließend zu falten. Ich setzte mich auf den Tisch und sah interessiert zu. Es entstand ein Papierschiffchen nach dem anderen. Als er mich entdeckte, riss er die Augen weit auf: „Fliegi! Das ist die Idee! Du bist mein Kapitän!“ Tom nennt mich so, weil er meinen richtigen Namen nicht kennt und ich ihm nicht sagen kann, wie ich heiße. Er versteht mich nämlich nicht. Tiere können leider nur mit Tieren sprechen.

Da ich für jeden Spaß zu haben bin, setzte ich mich in so ein Papierschiffchen und er schob es über den Tisch. Dabei machte er unterschiedliche Geräusche und verstellte seine Stimme: „Tuuut tuuut! Ahoi! Ich bin der Kapitän! Ich reise um die Welt!“ Das war schon sehr lustig, doch dann kam, was natürlich kommen musste. Tom sprang auf, schnappte alle Schiffchen und rannte in das Badezimmer. Ich saß noch immer in einem der Boote und hielt mich fest. Tom hatte tatsächlich die Hand über mich gestülpt, sodass ich nicht wegfliegen konnte. Er wusste schon, warum er das tat, dieser Schlingel. Als wir im Badezimmer ankamen, war die Wanne schon bis oben hin mit Wasser gefüllt. Dieser kleine Mensch hatte bereits alles vorbereitet. Rasch hüpfte er aus seinem Jogginganzug und stieg in die Badewanne. Ein Schiffchen nach dem anderen wurde behutsam in das Wasser gesetzt. Ich nutzte seine Unaufmerksamkeit und setzte mich auf den Beckenrand.

„Komm schon, Fliegi! Jetzt sei nicht so feig! Dir passiert schon nichts! Ohne Kapitän macht das doch alles keinen Spaß.“ Er wollte mich tatsächlich schnappen, mit seinen tropfenden Kinderhänden, und in ein Boot setzen. Ich war aber sehr flink und flog blitzschnell an eine andere Stelle. Er bettelte: „Bitte Fliegi, komm doch wieder in das Boot. Ich pass auch auf dich auf, damit dir nichts geschieht!

Na gut, dachte ich. No risk, no fun. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und flog zu dem Schiffchen, das mir am stabilsten erschien. Ja, es ging eigentlich… es ging nicht nur, es war sogar ziemlich cool! Tom war sehr vorsichtig und die Strömung, die er mit seinen Händen verursachte, brachte mein Schiff ganz langsam in Bewegung. Es war großartig! Ich fühlte mich wie ein richtiger Kapitän! Ich jubelte und grüßte die anderen Boote. Ich stellte mir vor, wie ich die Weltmeere erforschen und neue Inseln entdecken würde.

Ich sah eine riesige Gummiente und einen Tintenfisch. Doch was war das dort drüben? Eine Haiflosse? Hatte ich soeben eine Haiflosse gesehen? Weg war sie wieder, im Schaum verschwunden.

Allmählich wurde das Wasser unruhig. Schäumende Wellen überschlugen sich. Der Hai war wieder da und ich sah kleinere Boote im Schaum versinken. Es wurde eine wackelige Angelegenheit und ich musste mich sehr gut festhalten. Plötzlich war ich nicht mehr in der Badewanne. Ich war mitten im Ozean! Tosende Wellen klatschten an mein Schiff und hin und wieder schwappte Wasser hinein. Tom wurde übermütig und meine Flügel waren schon pitschnass. Ich konnte nicht mehr weg. Ich rief um Hilfe und Tom jubelte! Da kam die Riesenwelle, die mein Schiff erfasste und mich in die Tiefen des Ozeans riss. Unter Wasser war es plötzlich leise. Ich hörte nur ein Glucksen und Blubbern und versuchte, mich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Mit dem Kopf wieder über dem Wasser konnte ich Toms Stimme durch das Plätschern und Rauschen gerade so hören: „Fliegi? Wo bist du? Rettung ist unterwegs!“ Ich strampelte und zappelte wie wild im Wasser herum. Zum Glück kam dann mein Rettungsboot. Eigentlich war es ein roter Plastiklöffel. Tom holte mich damit aus dem Badewasser und setzte mich auf den Wannenrand.

Ich seufzte und ließ mich erleichtert fallen. Meine Flügel klebten an meinem Körper und Wasser tropfte von mir. Ich hatte schon geahnt, dass die Badewanne keine gute Idee sein würde. Tom sah das völlig anders und strahlte über das ganze Gesicht: „Das war so lustig, Fliegi! Hat doch riesigen Spaß gemacht, oder? Ich werde dich dann trocken föhnen! Keine Sorge!“

Ich dachte mir: Was tut man nicht alles für einen guten Freund und schenkte ihm ein gequältes Lächeln.

FLY, der Kapitän

Aus dem Tagebuch,
Wunschgeschichte für Jakob,
9 Jahre

Liebes Menschenkind!

Manche lieben es, manche hassen es, alle brauchen es. Ich meine das Wasser. Wasser stillt den Durst, mit Wasser gießt man Pflanzen, mit Wasser kann man Wäsche waschen und die Menschenkinder lieben es, im Wasser zu plantschen. Im Sommer baden sie draußen im Pool und im Winter in der Badewanne. Mein Menschenfreund Tom liebt es auch, im Wasser zu spielen, vor allem in der Badewanne.

Ich war zufällig im Menschenhaus und wärmte mich am Kamin, als Tom mit Papier, Stiften und Schere in die Küche hetzte. Er nahm beim Küchentisch Platz und fing an, Papier zu bemalen und anschließend zu falten. Ich setzte mich auf den Tisch und sah interessiert zu. Es entstand ein Papierschiffchen nach dem anderen. Als er mich entdeckte, riss er die Augen weit auf: „Fliegi! Das ist die Idee! Du bist mein Kapitän!“ Tom nennt mich so, weil er meinen richtigen Namen nicht kennt und ich ihm nicht sagen kann, wie ich heiße. Er versteht mich nämlich nicht. Tiere können leider nur mit Tieren sprechen.

Da ich für jeden Spaß zu haben bin, setzte ich mich in so ein Papierschiffchen und er schob es über den Tisch. Dabei machte er unterschiedliche Geräusche und verstellte seine Stimme: „Tuuut tuuut! Ahoi! Ich bin der Kapitän! Ich reise um die Welt!“ Das war schon sehr lustig, doch dann kam, was natürlich kommen musste. Tom sprang auf, schnappte alle Schiffchen und rannte in das Badezimmer. Ich saß noch immer in einem der Boote und hielt mich fest. Tom hatte tatsächlich die Hand über mich gestülpt, sodass ich nicht wegfliegen konnte. Er wusste schon, warum er das tat, dieser Schlingel. Als wir im Badezimmer ankamen, war die Wanne schon bis oben hin mit Wasser gefüllt. Dieser kleine Mensch hatte bereits alles vorbereitet. Rasch hüpfte er aus seinem Jogginganzug und stieg in die Badewanne. Ein Schiffchen nach dem anderen wurde behutsam in das Wasser gesetzt. Ich nutzte seine Unaufmerksamkeit und setzte mich auf den Beckenrand.

„Komm schon, Fliegi! Jetzt sei nicht so feig! Dir passiert schon nichts! Ohne Kapitän macht das doch alles keinen Spaß.“ Er wollte mich tatsächlich schnappen, mit seinen tropfenden Kinderhänden, und in ein Boot setzen. Ich war aber sehr flink und flog blitzschnell an eine andere Stelle. Er bettelte: „Bitte Fliegi, komm doch wieder in das Boot. Ich pass auch auf dich auf, damit dir nichts geschieht!“

Na gut, dachte ich. No risk, no fun. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und flog zu dem Schiffchen, das mir am stabilsten erschien. Ja, es ging eigentlich… es ging nicht nur, es war sogar ziemlich cool! Tom war sehr vorsichtig und die Strömung, die er mit seinen Händen verursachte, brachte mein Schiff ganz langsam in Bewegung. Es war großartig! Ich fühlte mich wie ein richtiger Kapitän! Ich jubelte und grüßte die anderen Boote. Ich stellte mir vor, wie ich die Weltmeere erforschen und neue Inseln entdecken würde.

Ich sah eine riesige Gummiente und einen Tintenfisch. Doch was war das dort drüben? Eine Haiflosse? Hatte ich soeben eine Haiflosse gesehen? Weg war sie wieder, im Schaum verschwunden.

Allmählich wurde das Wasser unruhig. Schäumende Wellen überschlugen sich. Der Hai war wieder da und ich sah kleinere Boote im Schaum versinken. Es wurde eine wackelige Angelegenheit und ich musste mich sehr gut festhalten. Plötzlich war ich nicht mehr in der Badewanne. Ich war mitten im Ozean! Tosende Wellen klatschten an mein Schiff und hin und wieder schwappte Wasser hinein. Tom wurde übermütig und meine Flügel waren schon pitschnass. Ich konnte nicht mehr weg. Ich rief um Hilfe und Tom jubelte! Da kam die Riesenwelle, die mein Schiff erfasste und mich in die Tiefen des Ozeans riss. Unter Wasser war es plötzlich leise. Ich hörte nur ein Glucksen und Blubbern und versuchte, mich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Mit dem Kopf wieder über dem Wasser konnte ich Toms Stimme durch das Plätschern und Rauschen gerade so hören: „Fliegi? Wo bist du? Rettung ist unterwegs!“ Ich strampelte und zappelte wie wild im Wasser herum. Zum Glück kam dann mein Rettungsboot. Eigentlich war es ein roter Plastiklöffel. Tom holte mich damit aus dem Badewasser und setzte mich auf den Wannenrand.

Ich seufzte und ließ mich erleichtert fallen. Meine Flügel klebten an meinem Körper und Wasser tropfte von mir. Ich hatte schon geahnt, dass die Badewanne keine gute Idee sein würde. Tom sah das völlig anders und strahlte über das ganze Gesicht: „Das war so lustig, Fliegi! Hat doch riesigen Spaß gemacht, oder? Ich werde dich dann trocken föhnen! Keine Sorge!“

Ich dachte mir: Was tut man nicht alles für einen guten Freund und schenkte ihm ein gequältes Lächeln.

Badest du auch so sehr gern wie Tom?
Oder bist du eher wasserscheu, so wie ich?